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Wie erkennen wir einen Narzissten, und vor allem: wie gehen wir mit ihnen um? Beginnen wir mal so: das sind die falschen Fragen, die du dir stellst.

Drei Paare

Sehen wir uns drei Paare an, die jeder von uns kennt:

Paar 1

Sie machen immer alles zusammen, sie flirtet jedoch auch mal mit anderen Männern, und er trägt ihr die Handtasche hinterher.

Paar 2

Das ungleiche, stereotype Paar neben uns im Restaurant: er 65 und offensichtlich steinreich (das einzige, das er ihr bieten kann), sie 25 und wunderhübsch (das einzige das sie ihm bieten kann). Sie reden nicht viel miteinander, aber beide sind glücklich mit ihrem „Arrangement“.

Paar 3

Das Paar, das ständig über die unscheinbarsten Belanglosigkeiten streitet.

Was dich überraschen wird: Alle drei Paare haben etwas gemeinsam: sie folgen der exakt selben Dynamik. Jede dieser Beziehungen hat ähnlich begonnen und kein Paar hat eine echte Chance auf eine lange, erfüllte und glückliche Zeit. Es ist so vorhersehbar, dass ich darauf Geld setzen würde, wenn ich könnte.

Gefühlt folgen 90% der Menschen unbewusst diesem Muster, dabei ist es einfach zu erkennen, wenn man weiß welches es ist.

Zwei heilige Regeln von gesunden Beziehungen

Regel Nr. 1

Jeder übernimmt die Verantwortung für seine eigenen Emotionen und Handlungen.

Regel Nr. 2

Jeder kann erwarten, dass der andere das selbe für seine eigenen Emotionen und Handlungen tut.

Ein Beispiel aus meinem eigenen Corona-Quarantäne-Alltag:
Meine Freundin und ich liegen im Bett und sie will suuuuper eng kuscheln. Mir ist das gerade zu viel, ich gehe etwas auf Abstand und pampe sie an: „Ich will jetzt nicht kuscheln!“. Sie erst einmal baff und fragt mich dann die Frage, vor der jeder Mann Angst hat:
„Was ist denn los?“

Nach einem total männlichen wie überflüssigen herumgedruckse gebe ich ihr schließlich eine Antwort: „Ach, die ganze Corona-Sache belastet mich etwas. Niemand weiß wie es weitergeht und dann willst du so oft kuscheln. Wenn ich so unter Druck stehe, dann will ich manchmal nicht so eng sein, tut mir Leid.“
Darauf sagt sie, dass das vollkommen ok ist und sie in Zukunft darauf Rücksicht nehmen will indem sie versucht zu erkennen wann es mir wohl zu viel ist.

Was nach einer normalen Alltagsszene klingt, ist ein herber Verstoß gegen Regel 1. Ich habe mein Problem zu ihrem Problem gemacht, indem ich stillschweigend erwartet habe, dass sie mein Problem löst.

Meine Unsicherheit ist meine Emotion und basiert auf meiner Auswahl der Interpretation der Situationen in meinem Leben. Also ist es meine Verantwortung mich darum zu kümmern. Meine alleine. Nicht ihre.

Wenn ich mich dann aus lauter Frust zurückziehe, eine Flasche Gin vernichte und mich deswegen am nächsten Tag schuldig fühle und ihr dann vorwerfe dass „Ich das nur tun musste, weil du mich erdrückst“, dann mache ich sie nicht nur für meine Gefühle verantwortlich, sondern auch für meine Handlungen die aus diesen Gefühlen resultieren.

Obwohl ich mich in der Situation so fühle als ob ich die Oberhand habe, da ja sie eindeutig (nicht) die Schuld daran hat, dass ich mich elend fühle, ist aus Superlove Perspektive genau das Gegenteil der Fall.

Indem ich sie für meine Emotionen oder idiotischen Handlungen verantwortlich mache, entmachte ich mich selbst, Kontrolle über mein eigenes Leben auszuüben.
Wenn ich diese Situation so aufschlüssle, ist es recht einfach zu erkennen warum dieses Verhalten so schädlich ist. Aber haben wir nicht alle schon einmal unseren Partner für unsere Gefühle Verantwortlich gemacht weil er unsensibel, unüberlegt, schroff, unpünktlich, etc. war?

Wichtig hier ist: es gibt keine Ausnahmen. Wir alleine sind verantwortlich dafür wie wir auf die Außenwelt (inkl. Partner) reagieren. Niemand anderes.

Dann gibt es noch die Kehrseite dieser Medaille, die leider schwieriger zu identifizieren ist, da sie total lieb ist, und doch niemand etwas dagegen haben kann wenn jemand lieb zu einem ist oder? Was für ein Monster müsste dieser Mensch sein?

Meine Freundin sieht, dass es mir schlecht geht und tut alles um es mir Recht zu machen. Sie hat ein schlechtes Gewissen, ruft mich ständig an und schickt mir liebe Nachrichten und backt mir einen Kuchen.

Obwohl das total lieb ist und ich mich auch besser fühlen würde dadurch, verstößt sie jedoch damit gegen Regel 2. Sie übernimmt Verantwortung für meine Gefühle, indem sie versucht es mir Recht zu machen. Es ist jedoch nicht ihre Aufgabe meine Emotionen zu erraten und darauf zu reagieren. Ich bin ein großer Junge und kann mich selbst darum kümmern.

Ich MUSS mich selbst darum kümmern. Wenn ich zulassen würde, dass sie das tut würde ich mir wie im ersten Beispiel selbst die Kraft rauben, mich selbst aus der emotionalen Schieflage zu hieven.

Was hat das alles nun mit unseren drei Paaren vom Anfang tu tun?
Ganz einfach: Hier tanzen ein Narzisst und ein Kodependent ihren Tango des Untergangs.

Aber was ist eigentlich ein “Narzisst” und ein “Kodependent”?

Ein Narzisst

Er macht den anderen Verantwortlich für seine Gefühle, daher lagert er unbewusst die Kontrolle über seine Gefühle an den Partner aus.

Der Narzisst ist derjenige in der Beziehung, der bei einem Streit die Teller an die Wand wirft und dann sagt: „Siehst du, wozu du mich gebracht hast?“, oder der nette Cousin davon: „Ich habe das nur gemacht weil ich dich liebe“. Nein hast du nicht, du hast es getan weil du ein Selbstsüchtiger Freak bist. Werd erwachsen und übernimm Verantwortung für Omas Porzellan, oder mach deine Sauerei zumindest selbst weg.
Wenn ein Narzisst unglücklich, gestresst oder traurig ist, erwartet er dass sein Partner ihn aus dem Tief holt.

Daher hangeln sich Narzissten oft von einer Beziehung zur anderen und werden nie glücklich, weil „alle Männer/Frauen gleich bescheuert sind“. Dabei sind sie es selbst, die das Drama verursachen.

Ein Kodependent 

Er fühlt sich verantwortlich für die Gefühle seines Partners, da er anderen immer gefallen will. Schaffen sie das nicht, fühlen sie sich ständig schuldig, dass sie es nicht schaffen ihn glücklich zu machen. Wenn der Partner müde, wütend oder frustriert ist, haben sie das Gefühl, dass es ihre Aufgabe ist ihren Partner aus diesem Tief zu holen. Sie verurteilen sich selbst, da sie ihm nicht helfen können und keine Last sein wollen. Der Kodependent geht sogar soweit, dass er sich selbst aufopfert, daher schafft er es auch nicht seine eigenen Bedürfnisse vernünftig zu äußern.

Und so wird der Kodependent von einer Beziehung zur nächsten weitergereicht, da er ständig jemanden glücklich machen will, es aber nie schafft (da das eine unmögliche Aufgabe ist) und wenn die Beziehung dann plötzlich zu Ende ist, steht er (wieder) verdutzt und enttäuscht da.

Das Abgefahrene ist: Diese zwei finden sich unwiderstehlich. Sie finden den jeweils anderen einfach super. Das ist auch der Grund, warum es nicht ausreicht verliebt zu sein. Eventuell bist du nämlich in einen Narzissten verliebt weil du ein Kodependent bist oder andersherum.

Bei näherer Betrachtung macht das aber durchaus Sinn. 
Der Narzisst hat ein nie endendes Verlangen gestärkt zu werden, und der Kodependent hat ein nie endendes Verlangen zu stärken. Der Narzisst hat ein ständiges Bedürfnis seine Verantwortung für seine Gefühlswelt an andere auszulagern, was nur von einem Kodependent gestillt werden kann der ein ständiges Bedürfnis hat die Verantwortung seines Partners zu übernehmen. Und so beginnt der toxische Kreislauf.

Konstante Regelverstöße

Das Problem mit dieser Dynamik ist, dass sie ständige und wiederholte Verletzungen der heiligen zwei Regeln (oben) erfordert.

Der Narzisst zieht seinen Selbstwert daraus, dass er jemanden an seiner Seite hat der nach ihm aufräumt, der ihn bewundert und alles für ihn tut. Nur so fühlt er sich geliebt und wichtig für den anderen. Und so findet er auch immer wieder Wege den anderen zu ärgern, zu enttäuschen, nerven oder eifersüchtig zu machen und evtl. sogar zu betrügen. Perverserweise betrügt er seinen Partner um zu „testen“ wie wichtig er für diesen immer noch ist. Bliebt der Kodependent, nach dem Betrug aufgeflogen ist, weiterhin in der Beziehung, ist das der ultimative Liebesbeweis für den Narzissten.

Der Kodependent zieht seinen Selbstwert daraus, dass er jemanden an seiner Seite hat, dem er hinterher räumt, ihn bewundert und alles für ihn tut und dafür Liebesmomente (Wahre Liebe ist das nie, sondern nur einzelne Momente von Zuneigung, wie ein Hundeleckerli) bekommt. So fühlt er sich geliebt und wichtig für den anderen. Und so findet er Wege seinen Partner unbewusst dafür zu belohnen Mist zu bauen, zu nerven, seinen emotionalen Abstand zu halten und absurderweise ihn sogar zu betrügen.

Daraus können mehrere Facetten dieser Dynamik entstehen:

Runner & Chaser

Einer läuft ständig davon, der andere kann nicht loslassen und dackelt hinterher.

Victim & Savior

Einer ist immer das Opfer, der andere versucht ihm zu helfen und seine Last abzunehmen.

Breaker & Fixer

Einer macht ständig etwas kaputt, der andere repariert ständig.

Das größte Problem ist, dass diese Dynamik in unserer Kultur als „Streit ist ja die Würze in einer Beziehung“, oder „Echte Liebe gibt es nicht ohne ein bisschen Eifersucht“ nicht nur normalisiert, sondern als die „Wahre Liebe“ verehrt wird. Alle romantischen Filme, Disneyfilme und Liebeslieder sind nach diesen Mustern geschrieben:

Er ist der klassische Bad Boy (Breaker), sie zeigt ihm ihre heile Welt (Fixer) und verändert ihn zu einem “besseren Menschen”: sie verlieben sich.

Sie will nichts von ihm wissen (Runner), er läuft ihr (boderline Stalkermäßig) hinterher um sie zu erobern (Chaser): sie verlieben sich.

Er ist in einer schlechten Beziehung mit seiner keifigen Frau (Victim), sie beginnt eine Affäre mit ihm um ihn von dieser Hexe zu befreien (Savior): sie verlieben sich.

Obwohl beide oberflächlich gesehen sehr unterschiedlich agieren, haben sie in ihrem Kern die exakt gleichen Probleme:

• Beide müssen sich beweisen, dass die geliebt und gebraucht werden

• Diesen Beweis liefern sie sich nicht selbst, sondern durch die Reaktionen des Partners

• Ihr Selbstwert ist von der Zustimmung des Partners abhängig

Kurzum: Beide sind unfähig sich selbst super zu finden. Keine Superlover. No no no. ☝️

Die drei Paare mit frischen Augen

Erinnerst du dich noch an die drei Paare vom Anfang? Schauen wir sie uns jetzt nochmal an.

Paar 1

Sie machen immer alles zusammen, sie flirtet jedoch auch mal mit anderen Männern, und er trägt ihr die Handtasche hinterher.

Persönlichkeiten: Sie Narzisst, er Kodependent

Dynamik: Runner & Chaser

Sie genießt es, dass er ständig an ihr hängt, sie also das wichtigste für ihn ist. Er braucht es, dass er sich ständig um sie bemühen muss.

Beide sind mit einem gesunden Partner inkompatibel, da dieser ihr nicht ständig hinterherlaufen würde wenn sie nicht bereit ist sich zu binden, und er sie mit seiner Abhängigkeit ersticken würde.

Daher haben sie unbewusst genau diesen Partner für sich gewählt und keinen anderen.

Paar 2

Das ungleiche, stereotype Paar neben uns im Restaurant: er 65 und offensichtlich steinreich (das einzige das er ihr bieten kann), sie 25 und wunderhübsch (das einzige das sie ihm bieten kann). Sie reden nicht viel miteinander, aber beide sind glücklich mit ihrem „Arrangement“.

Persönlichkeiten: Er Narzisst, sie Kodependent

Dynamik: Victim & Savior

Er braucht es, dass sie ihn für seinen Status anhimmelt, und sie braucht es, dass er sie durch seinen Status (und Geld, und Schönheits-OPs) aus ihrer Unsicherheit holt.

Beide sind mit einem gesunden Partner inkompatibel, da dieser ihm nicht die Anerkennung für sein oberflächliches Leben geben würde, und sie nicht dazu motivieren würde sich weiter von ihm abhängig zu machen.

Daher haben sie unbewusst genau diesen Partner für sich gewählt und keinen anderen.

Paar 3

Das Paar, das ständig über die unscheinbarsten Belanglosigkeiten streitet.

Persönlichkeiten: Er Narzisst, sie Kodependent

Dynamik: Breaker & Fixer

Er ist ein schlimmer, bindungsunfähiger Finger und sabotiert die Beziehung mit unnötigen Ausrastern, emotionalem Rückzug, oder sogar Gewalt und Betrug. Sie sieht es als ihre Aufgabe ihm dazu zu verhelfen ein anständiger Mensch zu werden (so, wie sie sich einen anständigen Menschen vorstellt).

Beide sind mit einem gesunden Partner inkompatibel, da dieser ihn längst rausgeworfen hätte und sie ihn mit ihrem konstanten Veränderungszwang längst vertrieben hätte.

Daher haben sie unbewusst genau diesen Partner für sich gewählt und keinen anderen.

Kategorische Empathie

Es spricht nichts dagegen sich um seinen Partner zu bemühen, ihm etwas Gutes zu tun oder ihm zu gefallen. Das Entscheidende ist, dass jeder trotzdem Verantwortung für seine Emotionen und Handlungen übernimmt. Wenn ich meine Freundin schick zum Essen einlade, um sie etwas von einem miesen Arbeitstag abzulenken, erwarte ich trotzdem, dass sie sich selbst auch in den Griff bekommt und nicht unkontrolliert ihren Frust an mir ablädt. Wenn das regelmäßig passieren sollte, erwarte ich auch, dass sie das Problem endgültig löst, also den Job wechselt. 

Das nenne ich “kategorische Empathie”: für jemanden Mitgefühl haben aber mit dem Ziel den anderen bei seiner eigenen Selbsthilfe zu unterstützen – nicht um ihm seine Last abzunehmen.

Erstes Date: Red Flags

Wenn du jemanden neu kennenlernst versuche herauszufinden, ob er/sie in eine der Kategorien fällt. Ein einfacher Weg das herauszufinden ist deine Flamme zu fragen wie seine/ihre letzte Beziehung zu Ende gegangen ist. Wenn sie in einem gigantischen Atompilz aufgegangen ist, dann ist nicht auszuschließen, dass die Beziehung eine abhängigen Liebe als Fundament hatte und einer der beiden das Spiel entweder überreizt hat oder sich losreissen wollte. Bisher nicht schlimm, niemand ist perfekt und jeder von uns muss sein Erfahrungen machen.

Achte danach darauf, wie er/sie danach mit der Situation umgegangen ist. Sucht er/sie wieder Ähnliches, sagt er/sie, dass sie immer die gleichen [breaker, fixer, savior, runner, chaser] daten, oder hat er/sie daraus gelernt? Denn wenn dieser innere Mangel an Selbstliebe nicht aufgelöst wird, dann wiederholen wir immer wieder die selben Beziehungsmuster mit anderen Partnern und erwarten, dass der Partnertausch alleine alles besser macht.

Das. Wird. Es. Nicht.

Daher musst du dir selbst die gleiche Frage stellen: “Warum verliebe ich mich immer wieder in einen Narzissten (oder Kodepentent)?”

Wie ist nun unsere Corona-Situation ausgegangen?

Glücklicherweise habe ich gerade für diesen Artikel recherchiert und mir ist rechtzeitig bewusst geworden, dass ich mich wie ein narzisstisches Arschloch verhalten würde, wenn ich meine Freundin das Ratespiel spielen lassen würde „Wann will Roland keine Zärtlichkeiten?“, anstatt selber Verantwortung für meine Emotionen zu übernehmen. Daher habe ich zu ihr gesagt: „Ich kann doch nicht von dir erwarten, dass du ständig raten musst wann ich bereit für Zärtlichkeiten bin. Wir müssen es andersherum machen: Ich sage dir wann es mir zu viel ist. Ok?“.

„Klaro, sag einfach. Kein Problem“.

Verliebter Kuss.

Leidenschaftliche Küsse.

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